Farben aus Pflanzen
Teil 2
Karin Genitheim
Färbergassen im Mittelalter
Das Wissen um die Färberei war nun Allgemeingut geworden. Jeder Haushalt baute Färberpflanzen im eigenen Garten an und färbte für den Hausgebrauch. Wie wichtig damals das Färben mit Pflanzen war, zeigt die Tatsache, dass Karl der Große im Jahre 812 in einer Landgüterverordnung festlegte, was auf seinen weitläufigen Ländereien alles anzubauen sei: Obstbäume, Kräuter, Gemüse, Färberpflanzen. So fanden sie sich alsbald in den meisten Bauerngärten und die Frau des Hauses wusste genau, welche Pflanzen für Stoff, welche für Holz oder zum Schminken geeignet waren.
So entwickelte sich nun die Färberei auch als Handwerk, das allerdings wegen des üblen Gestanks nicht gut angesehen war, denn beim Ansetzen des Färbebades wurden alle möglichen übel riechenden Substanzen verwendet. Auch große Mengen Urin wurden zum Färben verwendet, so braucht man nicht viel Fantasie, um sich vorzustellen, wie es in den Färbergassen roch!
Mit den Kreuzzügen und der damit verbundenen Ausweitung des Handels erwachte das Interesse wohlhabender Schichten an aufwändig gefärbten Stoffen. Färber, die ihr Handwerk gut beherrschten, waren plötzlich gesucht, eigene Zünfte entstanden.
Nachdem die Färber nun durch die Zünfte ihren Beruf fördern konnten, entschieden sich die Färber, sich zu spezialisieren. Die Schönfärber färbten für Adel und Kirche wertvolle Stoffe, später für wohlhabende Bürger und Kaufleute. Die Farbe Rot war im Mittelalter dem Adel vorbehalten. Erst in der Freiburger Kleiderverordnung von 1498 wurde den Gelehrten zugestanden, rote Gewänder zu tragen. Bis heute hat sich dieses Privileg gehalten, Richter und Richterinnen der oberen Gerichtshöfe sowie Bischöfe und Kardinäle tragen rote oder violette Roben.
Blau
Der Ausdruck blaumachen für nicht zur Arbeit gehen, ohne krank zu sein geht auf das Färben zur Zeiten des Mittelalters zurück. Blau färbte man mit Waid, dessen Farbstoff Indigo mit einem speziellen Lösungsmittel freigesetzt werden musste. Heute nimmt man dazu ein chemisches Mittel, damals verwendete man – Urin, der extra dafür in Wirtshäusern gesammelt wurde. Goss man diese Urinbrühe über die Waidblätter, färbte sie zunächst gelbgrün. Der Stoff musste erst an der frischen Luft oxidieren, erst dann entwickelte sich das intensive Blau. So konnte man die Stoffe nur an Tagen mit schönem Wetter der frischen Luft aussetzen, also blaumachen. Sie ließen die Stoffe so lange in der Brühe liegen, bis schönes Wetter war, dann hängten sie die Stoffe auf und warteten auf das blaue Wunder. Die Färber mussten so mit ihrer Arbeit innehalten, sie machen blau. Damit das Pigment Indigo sich aus der Farbbrühe entwickeln konnte, musste mit Hilfe von überdimensionalen Schneebesen Sauerstoff in die farblose Brühe geschlagen werden, bis sie zuerst grün, dann an der Luft blau wurde – hiervon stammt die Redensart grün und blau schlagen.
Mit Pflanzenfarben gefärbte Stoffe sind nicht nur schön bunt, sondern haben auch noch eine zusätzliche Eigenschaft: mit Indigo und Krapp gefärbte Baumwolle schützt besser vor UV-Strahlung als ungefärbter Stoff. Antibakteriell und pilzhemmend wirken Granatapfel, Henna und Walnuss.
Indigo ist einer der ältesten und wichtigsten blau färbenden Naturfarbstoffe, der auch in Waid vorkommt, allerdings in schwacher Form. Intensives Indigo entstammt der tropischen Indigopflanze. Portugiesische Kaufleute brachten sie nach der Entdeckung des Seewegs nach Indien durch Vasco da Gama und seine Mannen im Jahre 1498 nach Europa und lief dem schwächer färbenden Waid den Rang ab. Über Genua gelangte das Indigo auch in die USA, wo aus der französischen Bezeichnung Bleu de Gênes (Blau aus Genua) später Bluejeans wurde.
Färberwaid, Isatis tinctoria
Quelle: Wikipedia
Einblick in eine alte Blaudruckfärberei
Quelle: Blaudruckmuseum in Pápa, Ungarn
Herstellung der farbabweisenden Paste
Quelle: Blaudruckmuseum in Pápa, Ungarn